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Gesundheit

In den AGs „Krankes Gesundheitssystem“ und „Mit Herz, Körper und Seele – wer denkt an unsere psychische Gesundheit?“ besprachen die Teilnehmer*innen Themen von der Gehaltsstruktur von Menschen in Gesundheitsberufen über eine staatliche Finanzierung der Psychotherapie-Ausbildung und mehr Kassensitze für Psychotherapeut*innen bis zu einer bessere Berücksichtigung der mentalen Gesundheit von jungen Menschen in der Gesellschaft.

„Dass unser Gesundheitssystem so auf Dauer nicht funktionieren kann, haben wir in der Corona-Pandemie deutlich gesehen. Wir als Jugendliche bieten die ersten Ideen für die Veränderung. Die Politik muss diese nun ernst nehmen und umsetzen!“
22 Liam Franken 29 56

Krankes Gesundheitssystem

Diskussionsschwerpunkte

  • Aufbau des Gesundheitssystems – unfaires Abrechnungssystem, Spaltung in gesetzliche und private Krankenversicherung
  • Versorgungslücken, nicht ernst genommen werden bei chronischen Erkrankungen im jungen Alter
  • Verdienstzwang: DRG´s und Entmonetarisierung des Gesundheitssystem
  • Arbeitsbedingungen, Unterversorgung und Todesfälle durch Personalmangel (Ärzte/Pflege)
  • Berufspolitische Aufklärung beruflich Pflegender

Zentrale Erkenntnisse und Zusammenhänge

Die Teilnehmer*innen fühlen sich vom Gesundheitssystem im Stich gelassen. Sie haben ein Gefühl der Hilflosigkeit, weil sie keinen direkten Einfluss auf die Politik nehmen können.

Beteiligung wird nicht ausreichend umgesetzt: die Kinderkommission hat nur eine beratende Funktion. Entscheidungen für Kinder und Jugendliche werden hauptsächlich von der älteren Generation getroffen, ohne dass diejenigen, die von der Entscheidung betroffen sind, direkt einbezogen werden.

Als Hürden für Partizipation wurden folgende Aspekte beschrieben:

Kinderkommission im Bundestag ist nur ein beratendes Gremium, kein vollwertiger Ausschuss

Forderungen und Lösungsansätze

  • Kinderkommission als vollwertiger Ausschuss
  • Pflichtredezeit für Kinder- und Jugendliche in Bereichen der politischen Entscheidungsfindung
  • Bessere Bezahlung in Gesundheitsberufen
  • Planbare, flexible Arbeitszeiten
  • Verpflichtende automatisierte Feedback-Bögen jedes Quartal, das von Pflegepersonal, Ärzt*innen etc. bzgl. Arbeitsbedingungen ausgefüllt wird und ans Ministerium geht
  • Kontrollen der Einhaltung von Arbeitsschutzgesetzten durch unabhängige Stellen, mehr Aufklärung über Rechte
  • Bessere Betreuung Pflegeschüler (Abbruchquote verringern)
  • Psychotherapeuten Ausbildung nicht mehr selbst finanzieren
  • „Sozialer Tag“ in der Schule zum rein schnuppern (damit Scheu vor Pflege usw. abgebaut wird)
  • Ausbau der Kurse im med. Studium/ Pflege-Ausbildung bessere Kommunikation/Empathie
  • Verpflichtende automatisierte Feedback-Bögen für Patienten, in denen sie ihre Behandlung evaluieren können, Ergebnisse jedes Quartal an Ministerium
  • Mehr Diversität bei Forschungsteilnehmenden
  • Breiteres Forschungsspektrum (seltene Erkrankungen, Gender)
  • Schutzräume für nichtbinäre Personen schaffen
  • Gründlichere Sexual-Aufklärung in Schulen (Stimmungsschwankungen, Ausflussveränderung, Ursachen Blasenentzündung, (Patienten) Rechtsausfklärung)
  • Medizintechnik und Pharmaindustrie zurück nach Europa
  • Kinder-Patches in AED
  • Modernisierung/Förderung alternativer Geburtsmethoden
  • Implementierung von Pädiatrie in Facharztausbildung inkl. Kinder-Kommunikation
  • Dezentrale Kinderstationen, Bestandsschutz, Bettenvorhalt, Mindestanzahl

Erste Hilfe

  • Anreize für Teilnahme an und regelmäßige Auffrischung von kostenlosen, geprüften Erste-Hilfe-Kursen schaffen
  • Größeres Angebot an einheitlichen Erste-Hilfe-Kursen schaffen

Gesundheitssystem als Wirtschaftszweig

  • bessere Bezahlung und Arbeitszeiten für das gesamte Krankenhauspersonal (auch Reinigungskräfte etc.)
  • alle Krankenhäuser verstaatlichen
  • Abbau von Krankenhausaktiengesellschaften
  • Krankenhäuser wieder als soziale Institutionen verstehen und nicht als Spekulations-/ Wirtschaftsobjekte

Förderung von kommunalen Krankenhäusern, Fallpauschalen abschaffen

  • flächendeckende Krankenversorgung gewährleisten
  • Gleichbehandlung von Patient*innen, unabhängig von ihrer Versicherung, anonyme Terminvergabe
  • Krankenkassensystem
  • Verstaatlichung der Krankenkassen
  • gesetzliche Krankenversicherung für Selbstständige und Künstler*innen
  • kein Zwang zur privaten Krankenversicherung für Beamt*innen
  • Überarbeitung des Leistungskatalogs
  • Krankenkassenversicherungsbeiträge für alle
  • Beitragsbemessungsgrenze abschaffen
  • Studien
  • Geschlechterparität bei Proband*innen in medizinischen Studien
  • Runder Tisch
  • häufiger runder Tisch zwischen Politik und Pflege
  • Barrieren abbauen
  • NC für ein Studium nicht mehr auf 1,0 setzen
  • Therapeut*innen sollen ihre Ausbildung nicht mehr selbst bezahlen
  • Vorsorgeuntersuchungen befürworten/ mehr bewerben/ Anreize schaffen
„Die Sichtbarkeit von Angeboten zur psychischen Gesundheit muss gestärkt werden. Um Leistungsdruck entgegenzuwirken, muss Freizeit mehr in den Fokus gerückt werden und besonders marginalisierte Gruppen müssen berücksichtigt werden.“
1 Maren Beutler 30 02

Mit Herz, Körper und Seele – Wer denkt an unsere psychische Gesundheit?

Diskussionsschwerpunkte

Psychische Gesundheit während und nach der Pandemie, in der Schule und Ausbildung, Zusammenhang zwischen psychischer Gesundheit und Freizeit, Körperbildern und Armut

Zentrale Erkenntnisse, Zusammenhänge und Lösungsansätze

Psychische Gesundheit während und nach der Pandemie

  • Auswirkungen der Pandemie auf die psychische Gesundheit dürfen nicht unterschätzt werden.
  • Jugendliche wurden und werden vergessen, nicht ernstgenommen und ihnen wird kein Respekt entgegengebracht.
  • Es gibt eine geschlechterspezifische Stigmatisierung und Betroffenheit – Mädchen und Jungen haben die Pandemie unterschiedlich erlebt und kommen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen wieder zurück in die sog. Normalität.

Lösungsansätze:

  • Es gibt einen Mehrbedarf an Kassensitzen für Therapeut*innen.
  • Es braucht eine lebenslagenspezifische Analyse und Aufarbeitung der Pandemie, die die Unterschiede im Aufwachsen junger Menschen besser berücksichtigt.
  • Bewerbung, Verbreitung und Sichtbarmachung aller vorhandenen Hilfsangebote und deren Ausbau

Psychische Gesundheit und Schule/Ausbildung

  • Der Leistungsdruck in Schulen ist hoch und es besteht Unzufriedenheit mit dem Bildungssystem.
  • Es gibt keine Anlaufstellen für Schüler*innen. Es mangelt an Expertise und Weiterbildungsmöglichkeiten für Fachkräfte.
  • Es gibt kaum Präventionsmöglichkeiten oder -angebote für potenzielle psychische Belastungen.
  • Unter Betroffenen herrscht Unwissenheit, sie fühlen sich auf sich alleine gestellt.
  • Es gibt viel Ignoranz vonseiten der Lehrkräfte gegenüber Schüler*innen.

Lösungsansätze:

  • Es braucht mehr Anlaufstellen und kompetente Fachkräfte.
  • Das Bildungssystem muss zur präventiven Vorsorge überarbeitet werden.
  • Schulen müssen an Beratungsstellen angebunden werden.

Psychische Gesundheit und Freizeit

  • Stellenwert von Freizeit ist gesunken, im Gegensatz dazu der Leistungsdruck gestiegen - Folge des Verlernens mit eigener freier Zeit umzugehen (geringe Freizeitkompetenz)
  • Bedeutung von Freizeit für Entwicklung (v.a. Selbstverwirklichung): Ausdruck von Lebensqualität, Lernen durch praktische Erfahrung, Aufbau/Pflegen sozialer Kontakte, körperliche sowie emotionale Veränderungen brauchen Raum und Zeit
  • Entwicklung von Resilienz (nach BMZ “die Fähigkeit von Personen oder Gemeinschaften, schwierige Lebenssituationen wie Krisen oder Katastrophen ohne dauerhafte Beeinträchtigung zu überstehen”) durch Freizeit begünstigt: Gewährung von Freizügigkeit zur Entwicklung, Abbau von Stress durch bspw. Sport, künstlerische Aktivität
  • Möglichkeiten, Freizeit zu gestalten: auf Grundlage von Mobilität, Ressourcen (Zugang, Angebote, finanzielle Mittel etc.)
  • Druck der „Leistungsgesellschaft“ gerecht zu werden (immer höhere Erwartungen an die Leistung) steht der Verwicklung individueller Bedürfnisse entgegen
  • Herausforderung, Freizeit als selbstbestimmte Zeit und frei von äußerem Einfluss zu nutzen bzw. dies zu erlernen

Lösungsansätze:

  • Ausbau von Freiräumen: Jugendzentren, Möglichkeit der Nutzung von Parks/ öffentlichen Plätzen
  • Sichtbarkeit von Freizeitangeboten stärken: Zentrale, einheitliche Abrufbarkeit (v.a. online) von Informationen über Freizeitangebote und Einrichtungen; bspw. durch eine App/Homepage
  • Richtlinien einer begrenzten Arbeitszeit “außerhalb der eigentlichen Arbeit” (auch für schulische Arbeit/Aufgaben): vorgegebene maximale Zeitmenge nach offiziellem Arbeitsschluss

Psychische Gesundheit und Körperbilder

  • Körperbilder werden nicht nur durch Social Media erlernt; verantwortlich sind auch Mode, Filme, Spielzeug, Sport, Vorbilder, Sprache
  • Vom Aussehen bestimmter Körper wird auf die psychische Verfassung geschlossen => Das wiederum führt erst zu psychischen Erkrankungen.
  • Durch bestimmte Schönheitsideale entsteht Diskriminierung bei Arztbesuchen, in der Schule, beim Sport, auf dem Arbeitsmarkt, bei der Wohnungssuche.
  • Wir müssen aus der Kultur des Vergleichens herauskommen => weniger Hierarchie in der Gesellschaft.
  • Soziale Medien verstärken durch bestimmte Algorithmen den Vergleich und die Selbstzweifel.
  • Werbung für Kosmetika verspricht unrealistische Ziele => Ausbeutung, Armut sind die Folge.

Lösungsansätze:

  • Ärzt*innen, Lehrer*innen, Pädagog*innen müssen geschult werden, um nicht mehr zu diskriminieren.
  • Algorithmen, gesichtsverändernde Filter und Werbung für kosmetische Eingriffe auf Social Media müssen besser reguliert bzw. gekennzeichnet werden.
  • Werbung muss diverser, realistischer werden, Produkte müssen Versprechen halten.

Psychische Gesundheit und Armut

  • Die Prävalenz psychischer Erkrankungen ist bei finanzschwachen Menschen signifikant höher.
  • Armut und psychische Erkrankungen werden familiär weitergegeben.
  • Finanzschwache Menschen haben oft mehr als nur eine Diagnose und eine erhöhte Suizidrate.
  • Herausforderungen:
  • Schwieriger Zugang zu Familien in prekären Situationen durch Hilfsangebote.
  • Zu wenige Kassenplätze/Kinder- und Jugendtherapeut*innen.
  • Finanzierte Therapiezeiten sind zu kurz.

Lösungsansätze:

  • Kindergrundsicherung einführen
  • Verpflichtende psychosoziale Beratungsgespräche (BoSo-Prinzip in Brennpunktschulen).
  • Mehr Kassenplätze und effizientere Verteilung der kassenfinanzierten Stunden.